C Referenz Produkte
C.1 Produkte
C.1.11 Systemspezifikation
C.1.11.1 Gesamtsystemspezifikation (Pflichtenheft)
Die Gesamtsystemspezifikation (Pflichtenheft) ist das Pendant zu dem Auftraggeberprodukt Anforderungen (Lastenheft) auf Auftragnehmerseite. Sie wird vom Auftragnehmer in Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber erstellt und stellt das zentrale Ausgangsdokument der Systemerstellung dar.
Wesentliche Inhalte der Gesamtsystemspezifikation sind die funktionalen und nicht-funktionalen Anforderungen an das zu entwickelnde Gesamtsystem. Die Anforderungen werden aus den Anforderungen (Lastenheft) übernommen und geeignet aufbereitet. Eine erste Grobarchitektur des Systems wird entwickelt und in einer Schnittstellenübersicht beschrieben. Das zu entwickelnde System sowie weitere zu entwickelnde Unterstützungssystem werden identifiziert und den Anforderungen zugeordnet. Zusätzliche Anforderungen an die Logistik werden in Zusammenarbeit mit dem Logistikverantwortlichen erarbeitet. Abnahmekriterien und Lieferumfang für das fertige Gesamtsystem werden aus den Anforderungen (Lastenheft) übernommen und konkretisiert. Um sicher zu stellen, dass alle Anforderungen berücksichtigt sind, wird eine Anforderungsverfolgung, sowohl hin zu den Anforderungen (Lastenheft) als auch zu System und Unterstützungssystemen, durchgeführt.
Zur Erstellung der Gesamtsystemspezifikation (Pflichtenheft) sind Kenntnisse aus unterschiedlichen Disziplinen wie Systementwicklung, Sicherheit, Ergonomie und Logistik notwendig, die üblicherweise nicht von einer Person abgedeckt werden können. Da Anforderungen den Kern der Spezifikation darstellen, fällt dem Anforderungsanalytiker (AN) die verantwortliche Rolle für die Erstellung der Gesamtsystemspezifikation zu. Für die inhaltliche Ausarbeitung benötigt er jedoch intensive Unterstützung durch Experten der verschiedenen Disziplinen.
Zu jedem in der Gesamtsystemspezifikation identifizierten System, Unterstützungssystem und Segment werden die entprechenden Produkte wie Spezifikation und Architektur erstellt. Anforderungen an die Logistk werden in der Spezifikation logistische Unterstützung weiter verfolgt.
Verantwortlich |
Mitwirkend |
Ergonomieverantwortlicher, Prüfer, QS-Verantwortlicher, Systemarchitekt, Systemintegrator, IT-Service-Design-Verantwortlicher |
Hilfsmittel |
Gesamtsystem spezifizieren (Aktivität), Anforderungsmanagement (Werkzeug), Integrierte Entwicklungsumgebung (Werkzeug), Modellierungswerkzeug (Werkzeug), Gesamtsystemspezifikation (Pflichtenheft)(.odt|.doc) |
Entscheidungsrelevant bei |
Sonstiges |
Initial |
C.1.11.1.1 Ausgangssituation und Zielsetzung
In diesem Thema werden die Ausgangssituation und der Anlass zur Durchführung des Projektes anschaulich dargestellt. Es wird beschrieben, welche Defizite bzw. Probleme existierender Systeme oder auch der aktuellen Situation zur Entscheidung geführt haben, das Projekt durchzuführen, und welche Vorteile durch den Einsatz des neuen Systems erwartet werden.
Es werden zusätzlich alle relevanten Stakeholder des Projektes benannt und die technische und fachliche Einbettung des zu entwickelnden Systems in seine Umgebung skizziert. Zusätzlich werden erste Rahmenbedingungen für die Entwicklung identifiziert und beschrieben. Rahmenbedingungen können beispielsweise technische Vorgaben oder Vorgaben zur Sicherheit sein.
C.1.11.1.2 Funktionale Anforderungen
Funktionale Anforderungen beschreiben die Fähigkeiten eines Systems, die ein Anwender erwartet, um mit Hilfe des Systems ein fachliches Problem zu lösen. Die Anforderungen werden aus den zu unterstützenden Geschäftsprozessen und den Ablaufbeschreibungen zur Nutzung des Systems abgeleitet.
Die Beschreibung der funktionalen Anforderungen erfolgt beispielsweise in Form von Anwendungsfällen (Use Cases). Ein Anwendungsfall beschreibt dabei einen konkreten, fachlich in sich geschlossenen Teilvorgang. Die Gesamtheit der Anwendungsfälle definiert das Systemverhalten. Ein Anwendungsfall kann in einfachem Textformat beschrieben werden, häufig stehen jedoch organisationsspezifische Muster zur Beschreibung zur Verfügung. Für datenzentrierte Systeme wird im Rahmen der funktionalen Anforderungen ein erstes fachliches Datenmodell erstellt, das als Grundlage des späteren Datenbankentwurfs dient. Das fachliche Datenmodell des Systems wird aus den Entitäten des Domänenmodells abgeleitet.
Die funktionalen Anforderungen sind die zentralen Vorgaben für die Systementwicklung. Sie werden in der Gesamtsystemspezifikation (Pflichtenheft) übernommen und bei Bedarf konkretisiert.
C.1.11.1.3 Nicht-funktionale Anforderungen
Nicht-funktionale Anforderungen beschreiben Anforderungen an das System, die nicht-fachlicher Natur sind, jedoch entscheidend zur Anwendbarkeit des Systems beitragen. Sie definieren beispielsweise Qualitätsanforderungen, Sicherheitsanforderungen oder Performanceanforderungen. Wenn das Projekt kritisch bezüglich Sicherheit ist (siehe Projektmerkmal Systemsicherheit (AG) bzw. Systemsicherheit (AN)), werden Sicherheitsanforderungen in einem gesonderten Thema behandelt.
Nicht-funktionale Anforderungen definieren grundlegende Eigenschaften eines Systems, die im Architekturentwurf berücksichtigt werden müssen. Sie können zur Abschätzung der Entwicklungskosten herangezogen werden und sollten, soweit möglich, messbar beschrieben sein.
Zur einfachen Strukturierung der Anforderungen werden diejenigen Anforderungen, die nicht eindeutig zu den funktionalen Anforderungen gehören, den nicht-funktionalen Anforderungen zugeordnet.
Erzeugt |
Berücksichtigung ergonomischer Aspekte: Anwenderaufgabenanalyse, Mensch-Maschine-Schnittstelle (Styleguide) |
C.1.11.1.4 IT-Sicherheitsanforderungen und Schutzbedarf
Für den Betrieb sicherheitskritischer Systeme (im Sinne der Informationssicherheit) existieren besondere Anforderungen. Diese dienen zum Schutz der verarbeiteten Informationen vor Verlust der Integrität, Vertraulichkeit und Verfügbarkeit und umfassen auch IT-Sicherheitsanforderungen zum Schutz der technischen Anlagen zur Informationsverarbeitung und Informationsübermittlung. Sie werden bei der Erstellung des Produkts Beitrag zum IT-Sicherheitskonzept vollständig erhoben und umfassen beispielsweise auch Anforderungen an die Organisation.
Dieses Thema umfasst alle IT-Sicherheitsanforderungen, die für die Entwicklung des Systems von Belang sind. Dabei kann es sich sowohl um funktionale als auch nicht-funktionale Anforderungen handeln. Sie stellen im V-Modell ein eigenständiges Thema dar, um den Aspekt IT-Sicherheit zu betonen. Das Thema umfasst auch den Schutzbedarf von fachlichen Systemkomponenten hinsichtlich der Schutzziele Integrität, Vertraulichkeit und Verfügbarkeit, die sich aus der Skizze des Lebenszyklus und der Gesamtsystemarchitektur ergeben.
C.1.11.1.5 Lebenszyklusanalyse und Gesamtsystemarchitektur
Ausgehend von den Anforderungen werden ein grober Entwurf des Gesamtsystems erstellt und die zu unterstützenden Phasen im Lebenszyklus (Entwicklung, Wartung, Stilllegung) identifiziert.
In der Gesamtsystemarchitektur wird das zentrale System mit den Unterstützungssystem identifiziert und festgelegt, für welche Systeme ein Logistisches Unterstützungskonzept zu erstellen ist. Zudem werden die zu erstellenden Architekturdokumente und Implementierungs-, Integrations- und Prüfkonzepte benannt. Grundlage sind die funktionalen und nicht-funktionalen Anforderungen sowie die Skizze der Gesamtsystemarchitektur in den Anforderungen. Beistellungen des Auftraggebers werden berücksichtigt.
Die Gesamtsystemarchitektur wird hinsichtlich der möglichen Verwendung von Fertigprodukten geprüft. Gegebenfalls wird deshalb bereits auf Basis der Gesamtsystemspezifikation (Pflichtenheft) eine Marktsichtung für Fertigprodukte durchgeführt, um den Einfluss möglicher Fertigproduktkandidaten auf die Anforderungen und die Systemarchitektur abschätzen zu können.
Erzeugt |
Architekturen und Realisierung der (Unterstützungs-)Systeme: Implementierungs-, Integrations- und Prüfkonzept System, Implementierungs-, Integrations- und Prüfkonzept Unterstützungssystem, Systemarchitektur, Unterstützungs-Systemarchitektur Elemente des Gesamtsystems: Ausbildungsunterlagen, Logistische Unterstützungsdokumentation, Nutzungsdokumentation, System, Unterstützungssystem Migration von Altsystemen: |
C.1.11.1.6 Schnittstellenübersicht
Zur Darstellung der Zusammenhänge zwischen dem System und seiner Umgebung wird eine Schnittstellenübersicht erstellt. Ausgehend vom System werden Schnittstellen zum Anwender, zu den Unterstützungssystemen, zur Logistik und zu Nachbarsystemen identifiziert und in geeigneter Form dokumentiert.
Die konkrete Beschreibung der Schnittstellen erfolgt in den Spezifikationen der Systemelemente sowie in der Spezifikation logistische Unterstützung.
C.1.11.1.7 Lieferumfang
Es sind alle Gegenstände und Dienstleistungen aufzulisten, die während des Projektverlaufs oder bei Abschluss des Projektes vom Auftragnehmer an den Auftraggeber zu liefern sind. Jede Lieferung erfordert eine Abnahmeprüfung. Der Lieferumfang kann je nach Vereinbarung das System, Teile des Systems, ein Unterstützungssystem, Teile eines Unterstützungssystems, Dokumente und vereinbarte Dienstleistungen enthalten.
Erzeugt |
Lieferumfang der Auslieferungen: |
C.1.11.1.8 Abnahmekriterien und Vorgehen zur Ausgangsprüfung
Abnahmekriterien legen fest, welche Kriterien die Lieferung erfüllen muss, um den Anforderungen zu entsprechen. Sie sollten messbar dargestellt werden und können nach ihren drei wesentlichen Bestandteilen - Ausgangssituation, Aktion(en) und erwartetes Ergebnis - strukturiert werden. Aus vertraglicher Sicht beschreiben die Abnahmekriterien die Bedingungen für die Entscheidung, ob das Endprodukt die gestellten Anforderungen erfüllt oder nicht. Abnahmekriterien können sich sowohl auf einzelne Anforderungen ("Unter welchen Bedingungen gilt die Anforderung als erfüllt?") als auch auf den Lieferumfang ("Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit eine konkrete Lieferung abgenommen wird?") beziehen. Die Definition der Abnahmekriterien ist Aufgabe des Auftraggebers; der Auftragnehmer sollte sie aber kennen und in seinem Pflichtenheft auch benennen, um Klarheit darüber zu besitzen, unter welchen Bedingungen das System abgenommen wird. Unter Umständen und bei entsprechender vertraglicher Vereinbarung kann es außerdem sinnvoll sein, dass der Auftragnehmer die konkreten Abnahmekriterien definiert.
Der Auftragnehmer sollte vor der Auslieferung möglichst sicher sein, das die Lieferung auch abgenommen wird und deswegen eine geeignete Ausgangsprüfung durchführen. Die zu liefernden Systemelemente werden anhand einer Prüfspezifikation Systemelement, die zu liefernden Dokumente (insbesondere die Logistische Unterstützungsdokumentation) anhand einer Prüfspezifikation Dokument geprüft. Die dazu notwendigen Prüffälle werden aus den Abnahmekriterein abgeleitet, können aber in der Regel nicht vollständig identisch mit den Prüffällen des Auftraggebers sein, da der Auftragnehmer z.B. keinen Zugang zur Zielplattform hat oder die tatsächlichen Anwender nicht einbinden kann.
Erzeugt |
Prüfung der Auslieferungen: Prüfprotokoll Dokument, Prüfprotokoll Systemelement, Prüfprozedur Systemelement, Prüfspezifikation Dokument, Prüfspezifikation Systemelement |
C.1.11.1.9 Anforderungsverfolgung zu den Anforderungen (Lastenheft)
Im Rahmen der Anforderungsverfolgung zum Lastenheft wird zusammenfassend die Zuordnung der funktionalen und nicht-funktionalen Anforderungen aus dem Lastenheft zu Anforderungen im Pflichtenheft dargestellt. Die bidirektionale Verfolgbarkeit muss dabei sichergestellt werden. Die Darstellung kann beispielsweise anhand einer Matrix erfolgen.
C.1.11.1.10 Anforderungsverfolgung
Im Rahmen der Anforderungsverfolgung wird im Pflichtenheft zusammenfassend die Zuordnung der funktionalen und nicht-funktionalen Anforderungen zu Elementen der Gesamtsystemarchitektur (System, Unterstützungssystem, Segment oder Logistik) dargestellt. Die bidirektionale Verfolgbarkeit muss dabei sichergestellt werden. Die Darstellung kann beispielsweise anhand einer Matrix erfolgen.
C.1.11.1.11 Glossar
Das Glossar ist eine Sammlung aller verwendeten Fachbegriffe und dient dazu, allen Projektbeteiligten ein gemeinsames Verständnis zu ermöglichen. Damit können unterschiedliche Interpretationen und Missverständnisse vermieden werden und das Verständnis der Anforderungen wird erhöht. Das Glossar ist für alle Projektbeteiligten verbindlich.
Es empfiehlt sich, neben der Erläuterung der Begriffe auch mögliche Abkürzungen und für eventuelle Rückfragen auch die Herkunft bzw. die Quelle der Erläuterung anzugeben.