B Konzepte und Inhalte des V-Modell XT Bund

B.2 Inhalte des V-Modell XT Bund

B.2.3 AG/AN-Schnittstelle

Behörden können Dritte mit der Erstellung eines Systems beauftragen. Hierbei wird zwischen der Beauftragung eines externen Dienstleisters und der eines IT-Dienstleisters des Bundes unterschieden (siehe Projektmerkmal Auftragnehmer). In beiden Fällen werden zwei getrennte V-Modell-Projekte durchgeführt: ein Systementwicklungsprojekt (AG) in der Behörde als Auftraggeber und ein Systementwicklungsprojekt (AN) beim Auftragnehmer. Das V-Modell regelt das Zusammenspiel der beiden Projekte in der AG/AN-Schnittstelle, die Entscheidungspunkte und auszutauschende Produkte umfasst.

Bei der Beauftragung eines externen Dienstleisters richtet sich das V-Modell nach der UfAB. Für den Auftraggeber sind in diesem Fall die Produkte der Disziplinen Ausschreibungswesen (Vergabeakte) und Vertragswesen relevant. Als Gegenstück hält das V-Modell XT auf Seiten des Auftragnehmers Produkte in der Disziplin Angebots- und Vertragswesen vor. Die Disziplinen Berichtswesen und Lieferung und Abnahme enthalten die für beide Seiten relevanten Schnittstellenprodukte für die Projektlaufzeit und das Projektende.

Wird die Systementwicklung durch einen IT-Dienstleister des Bundes erbracht, entfallen das Ausschreibungs- und Vergabeverfahren und die für den Auftraggeber genannten Disziplinen. Stattdessen kommen die Produkte der Disziplin Angebots- und Auftragswesen zur Anwendung. Der Auftragnehmer (IT-Dienstleister des Bundes) erhält anstelle einer Ausschreibung eine Angebotsaufforderung und erstellt auf deren Basis ein Angebot. Mit der Annahme des Angebots durch den Auftraggeber wird das Angebot zum Auftrag und bildet die Grundlage für die Zusammenarbeit. Im V-Modell XT ist dieser Prozess nicht abgebildet. Der Auftragnehmer benötigt daher eine organisationsspezifische Anpassung des Standards.

Abbildung 51 sowie die nachstehende Beschreibung verdeutlichen den auf Basis einer Ausschreibung und Angebotsbewertung erfolgten Vertragsschluss zwischen einem Auftraggeber und einem externen Dienstleister. Die im Projektverlauf (nach Vertragsschluss) über die AG/AN-Schnittstelle auszutauschenden Produkte gelten gleichermaßen für die Zusammenarbeit mit einem IT-Dienstleister des Bundes.

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Abbildung 51: AG/AN-Schnittstelle im Überblick

Im AG-Projekt wird zunächst eine Ausschreibung erarbeitet. Sie enthält in den Vergabeunterlagen (Ausschreibung) im Thema Leistungsbeschreibung die zuvor erstellten Anforderungen (Lastenheft) sowie als weitere Themen Vorgaben für das Projekthandbuch und das QS-Handbuch des Auftragnehmers. Der Teil 4: Gewichteter Kriterienkatalog der Vergabeunterlagen referenziert die anderen drei Themen und ist die Grundlage für die Bestimmung des wirtschaftlichsten Angebots.

Auf Basis der Ausschreibung erstellt der potenzielle Auftragnehmer ein Angebot. Das Angebot spiegelt die Leistungsbeschreibung wider und enthält Inhalte des Projekthandbuchs, des QS-Handbuchs und der Gesamtsystemspezifikation (Pflichtenheft) des Auftragnehmers. Da das Angebot (von AN) Grundlage des Vertrags ist, enthält es auch rechtliche und kommerzielle Vereinbarungen, die bereits als Vertragliche Grundlage in den Vergabeunterlagen (Ausschreibung) vorgegeben sein können. Durch den Zuschlag auf ein Angebot schließt der Auftraggeber mit dem Auftragnehmer einen Vertrag über die Systemerstellung. Er kann im Verlauf des Projektes um Vertragszusätze ergänzt werden.

Während der Projektlaufzeit informiert der Auftragnehmer den Auftraggeber in Form von Projektstatusberichten über die erzielten Projektergebnisse, Planungsabweichungen, aktuellen Risiken und über die Planung für den nächsten Berichtszeitraum. Zur Abstimmung übergreifender Themen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer sollte der Auftraggeber sowohl im Lenkungsausschuss als auch in der Änderungssteuerungsgruppe (Change Control Board) des Auftragnehmers vertreten sein.

Das AN-Projekt übergibt Zwischen- und Endprodukte in Form von Lieferungen an den Auftraggeber. Lieferungen umfassen immer auch Systemteile oder Systemprototypen, anhand derer der Auftraggeber die Abnahme ausspricht. Eine alleinige Abnahme von Entwurfs- oder Spezifikationsdokumenten ist nicht zulässig, da der Auftraggeber nur anhand der gelieferten Software entscheiden kann, ob das umgesetzt wurde, was vertraglich vereinbart war. Welche Liefergegenstände wann geliefert und unter welchen Bedingungen sie abgenommen werden, ergibt sich aus den Themen Projektdurchführungsplan, Lieferumfang und Abnahmekriterien und Vorgehen zur Abnahmeprüfung im Projekthandbuch und den Anforderungen (Lastenheft) des Auftraggebers.

Mit der Abnahmeerklärung nimmt das AG-Projekt die Lieferung eines Zwischen- oder Endproduktes ab oder fordert Nachbesserungen ein. Eine Abnahmeerklärung ist meist die Grundlage vereinbarter Zahlungen an den Auftragnehmer.